Weiter geht’s mit der Zechenbahndampfserie.

Versetzen wir uns in das Jahr 1974. Am 12. Januar, einem Samstag, war ich auf der Suche nach Zechenbahndampfloks auf der ehemaligen Zeche Alma in Gelsenkirchen. Dort sollte eine kleine Lokwerkstatt vorhanden sein. Ich musste zunächst in Essen Hbf umsteigen und schaute mich erst einmal an den Stumpfgleisen im nordöstlichen Bahnhofsteil um, denn dort standen immer die E04!

Dort angelangt, war ich nicht wenig überrascht, eine 50er zu sehen. Die Lok heizte dort Wagen vor und entpuppte sich als die Wanne-Eickeler 051 582 (Bild 1):




Eine dreiköpfige Lokmannschaft traf ich an, denen ich gerne den Gefallen tun wollte, ihnen Fotos zu schicken. So entstanden die Bilder 2 und 3:






Nachdem ich mit von der freundlichen Mannschaft verabschiedet hatte, wurden noch schnell die beiden E04 in der Abstellgruppe aufgenommen. Hier sehen wir 104 022 vom Bw Osnabrück vor ihrer Silberlinggarnitur Pause machen, im Hintergrund erkennt man noch das alte Postscheckamt, und die übrige Essener Skyline gab es noch nicht (Bild 4):




Hier im Bild 5 heizt 104 018 ihre Wagengarnitur elektrisch auf; im Hintergrund das DB-Gebäude:




Dann machte ich mich auf nach Gelsenkirchen, zur Zeche Alma. Dort angekommen, wurde ich leider enttäuscht: Keine Loks vorhanden. Zu meiner großen Freude jedoch traf ich einen netten Ruhrkohle-Mitarbeiter, der mich einlud, mit ihm mit dem Auto nach Bochum-Hordel zu fahren, zur Zeche Hannover. Diese hatte zwar kurz zuvor ihren Betrieb eingestellt, doch die Loks waren noch vorhanden. Für Restarbeiten war sogar eine Lok angeheizt.
Schauen wir zunächst auf zwei abgestellte Loks. In den Bildern 6 und 7 sehen wir die Lok "Hannibal 27", eine Lok der ehemaligen Zeche Hannibal, die "auf Hannover" in Bochum-Hordel weiter benutzt worden war. Sie entsprach der Vorkriegsausführung der Kruppschen Loktype Hannibal (daher der Name!) und wurde 1941 in Essen unter der Fabriknummer 2439 hergestellt:






Dahinter fand ich die zweite Lok der Typenreihe "Hannibal" vor. Es war Lok "Hannover 26" (Krupp 2430/41), auch hier leider bereits abgestellt und einiger Lampen und Schilder beraubt (Bild 8):




Das schlechte Wetter erzwang Belichtungszeiten von 1/8 Sekunde, weshalb ich noch heute froh bin, dass wenigstens einige der geschossenen Fotos so halbwegs scharf geworden sind.

Kommen wir nun zur einzigen angeheizten Lok, "Hannover 21", der letzten von Krupp hergestellten Dampflok, erst 1962 gebaut (Typ Bergbau, Fabriknummer 4401). Hier steht sie vor dem Lokschuppen und war gerade mittels Förderband bekohlt worden. Auch der einfache Wasserkran, rechts im Bild, war wohl eben erst noch benutzt worden (Bild 9):




Im Gelände fanden sich noch zwei weitere Dampfer. Hier sehen wir Lok "Hannover 29" (Krupp 1328/33), auch schon ziemlich gerupft und hinter einem geknicktern "Masten" stehend (Bild 10):




Dahinter fand ich noch eine Bergbau vor: Lok "Constantin 1", die ebenfalls nach Schließung der Zeche Constantin der Große auf Hannover eine neue Bleibe gefunden hatte. Constantin 1 entstand bereits 1948 in Essen unter der Fabriknummer 2901 und weist nebst Dampfdom noch einen separaten geschweißten Sandkasten auf (Bild 11):






Bild 12 zeigt, dass die bereits 1971 verunfallte und abgestellte "Hannibal 25" (Krupp 1706/37) 1974 immer noch vorhanden war:




Ich war überrascht, wieviele Loks ich doch noch abgestellt antraf. Zu aktiven Zeiten der Zeche Hannover-Hannibal muss eine Vielzahl von Loks vorgehalten worden sein.
Hier im Bild 13 sehen wir Constantin 10 (Krupp 2911/49), ebenfalls eine Bergbau:




Der Rundgang wurde beendet mit einer weiteren Aufnahme von Hannover 29 (Bild 14):




Ganz zum Schluss ließ sich nochmal die letzte angeheizte Dampflok, Hannover 21, fotografieren. Bild 15 gibt noch einen kleinen Überblick über die Größe der Zechengebäude:




Bei der Bergbau Hannover 21 waren Dampf- und Sanddom zu einem großen Dom zusammengefasst worden, wie man in meinen Abschiedsbildern der letzen von Krupp gebauten Dampflok sehen kann (Bilder 16 und 17):






Der freundliche RAG-Kollege brachte mich anschließend wieder zu einem Bahnhof, von wo aus ich meine Heimreise antreten konnte.
Fazit: Trotz schlechten Wetters Klasse Tour!

Schönen Abend noch,

Martin W.

Edit: Ja ja, die Dreckfuhler...



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2007:05:31:19:33:42.

eieieiei - da kommt aber Freude auf!

Hannover, Hannibal, Constantin - wohlklingende Krupp'sche Zechennamen mit geballter Krupp'scher Werksbahndampflokvielfalt. Ein wunderschönes Samstägliches Erlebnis hattest Du da, Martin *neidischblick*

Kleine Bemerkungen am Rande:

die 2901 war a) erste gebaute Lok der Type Bergbau, ging b) an die Zeche Constantin und war c) noch mit den eckigen Aufbauten versehen, die nach meinem Geschmack richtig gut aussehen. Der Extra-Dom hinter dem Schlot ist aber ein Speisedom, Martin. Dampf- und Sanddome sind doch bei fast allen Krupp'schen Nachkriegskonstruktionen stets unter einer gemeinsamen Verkleidung.

die 4401 war a) die letztgebaute Lok der Type Bergbau, ging b) auch an die Zeche Constantin (!!!), hatte c) die runden Aufbauten mit dem Speisedom unter der gemeinsamen Verkleidung und d) war mir die Umzeichnung in Hannover 21 bis eben unbekannt - wie oft muß ich das Manuskript denn noch umstricken ? ;))

dank für's zeigen, ich geh jetzt erst mal wieder schwelgen

Siehst Du, Joachim, so haben wir beide was davon: Du wusstest nicht, dass Krupp 4401/62 auf Hannover zum Schluss "Hannover 21" hieß, und ich wusste nicht, dass Dampf- und Sanddom gemeinsam unter einer Verkleidung saßen.

Danke für diese Information, Joachim!
Und für Dein *blonk*!

;-))

Schönen Abend noch,

Martin

owT

Zeche Hannover... das war für mich früher immer so ein Mysterium. In Wattenscheid (also quasi gleich um die Ecke) hat früher meine Großtante gewohnt, bei der bei einem sonntäglichen Besuch zwei Zigarrenkisten voll mit alten Postkarten und Fotos aus Wattenscheid und Umgebung mein Interesse geweckt haben. Die Zeche Hannover war auch dabei und auch als "Jungspund" haben mich Eisenbahn und Industrie schon gereizt, so dass daraufhin erstmal Reste und Relikte der Zeche entdeckt werden mussten. Das war natürlich schon viel zu spät, das muß etwa Anfang der 90er Jahre gewesen sein.

Von daher besonders interessante Aufnahmen.

Grüße,
Björn Junga

Wirklich tolle Bilder und allein die Zechennamen, treiben Tränen in die Augen.
Für die 104er bin ich immer extra früh auf, um sie in Wanne zu erwischen, vor der Schule.
Die Aufnahmen schlummern noch im Keller. An 104 018 erinnere ich mich besonders. Kann es sein, sie war die letzte?

Zur "Zeche Hannover":
Auch mich faszinierten schon immer die Industrieruinen und wir Jungs haben mit den Rädern die unglaublichsten Gebäude erkundet. Die waren auch nicht besonders gesichert. Nur, ´81 oder `82 sind wir in die Waschkaue von Hannover, auf der Suche nach Abenteuern. Allerdings roch es da sehr tierisch, wie wir fanden und suchten noch nach einer Erklärung, als wir um eine Ecke bogen und zwei ausgewachsenen Elefanten gegenüberstanden!
Ein Zirkus hatte dort Winterquartier bezogen...
Beste Grüße,
schottergelb

...lieber Martin, waren deine Besuche in zahlreichen Zechen. Bei dem Bildmaterial das du uns hier seit geraumer Zeit zeigst, komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Erinnerungen an wenige eigene Zechenbesuche werden wach. So einen freundlichen RAG Mann hatte ich auch mal an meiner Seite. Der zeigte mir das ganze Innenleben von Walsum 3/5, was nichts mit der Eisenbahn zu tun hatte. War sehr interessant.


Beste Grüße

Gerd





1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2007:05:31:23:28:51.

ja, Schottergelb, die 104 018 war die Letzte. Sie wurde am 22.10.81 Z-gestellt und am 28.1.82 ausgemustert!

Willkommen im HiFo - wann kommen Deine Aufnahmen?

;-)

Martin

Hallo Martin,

ganz herzlichen Dank für dieses Raritätenkabinett! Ich bedaure immer mehr, dass ich mich damals um diese Art Dampfbetrieb nie gekümmert habe.

Zum Thema Hannibal und Hannover gab es übrigens einen sehr interessanten Artikel von Rolf Löttgers in Bahn Extra 4/2005 "Eisenbahn im Ruhrgebiet".

Viele Grüße, Helmut

Vielen Dank für das Willkommen!

Nach einem Jahr des begeisterten Mitlesens, habe ich mich dann doch getraut...
Meine Aufnahmen...oh, grau-in-grau, vom Bahnsteig, mit der ritsch-ratsch-click, knappes Taschengeld...
Schande, wenn ich an meine Motive denke...221, Vorserien-216, 220, 430.
Jugend im Ruhrgebiet. Späte 70er/frühe80er Jahre. Da gab es noch was zu sehen und aus dem Fenster schauen wurde auf der Zugfahrt oft belohnt. Wie die 265 004, auf der Urlaubsreise, in Hamburg...Ihr wisst, was ich meine...
Mal sehen, ob ich da noch was brauchbares finde...

Beste Grüße !